Von der Schulbank in den Knast – vom Umgang mit Schulschwänzern
Die Regionalgruppe Südbayern der Deutschen Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfen e.V. (DVJJ) veranstaltete am 13.11.2008 in München ein Symposium zum Thema „ Von der Schulbank in den Knast – vom Umgang mit Schulschwänzern“. Anlass für die Veranstaltung war die von den Beteiligten vielfach beklagte Praxis im Umgang mit sog. Schulverweigerern
Es referierten und diskutierten Fachleute aus der Berufsschule, aus der Schulverwaltung, von Jugendamt, Jugendhilfe und Justiz. Danach stellt sich die Situation in München wie folgt dar: Das städtische Schul- und Kultusreferat bekommt von den Schulen jährlich ca. 1900 Anzeigen wegen Verletzung der Schulpflicht. Gem. den Vorschriften des BayEUG werden dann in der Regel Bußgeldbescheide erlassen. Soweit die Bußgelder nicht bezahlt werden, trifft das Jugendgericht München Anordnungen gem. § 98 OwiG und verhängt meistens sogenannte Sozialstunden. Wenn die vom Gericht festgelegten Auflagen nicht erfüllt werden und auch das Bußgeld weiterhin nicht bezahlt wird, wird ein Ungehorsamsarrest zwischen zwei Tagen und einer Woche verhängt. Allein für den Bereich der Landeshauptstadt München werden jährlich bei ca. 80 Bescheiden wegen Schulpflichtverletzung Arreste verbüßt.
Die geschilderte Praxis erscheint pädagogisch nicht wirksam und sinnvoll. Dass eine Verletzung der Schulpflicht in letzter Konsequenz auch zu Freiheitsentzug führen kann, ist in den meisten Fällen erzieherisch nicht zu vermitteln. Hinzu kommt, dass die Arreste in vielen Fällen erst ein Jahr nach dem Schulversäumnis vollstreckt werden.
Es herrschte Einigkeit darüber, dass es unter erzieherischen und präventiven Gesichtspunkten geboten ist, die Schulsozialarbeit auszubauen, um die Problemfälle bereits so früh angehen zu können, dass es von vornherein zu weniger Schulverweigerung kommt.
Wenn bereits ein rechtskräftiger Bußgeldbescheid vorliegt, sollte, so die weitere Empfehlung der Fachleute, geprüft werden, ob nicht häufiger als bisher gem. § 98 OwiG statt der üblichen Sozialstunden sinnvollere Maßnahmen verhängt werden können. Eine denkbare Alternative wären Beratungsgespräche bei der Brücke München, wobei dort allerdings entsprechende Kapazitäten benötigt würden.
Sollte es doch noch zum Arrest kommen, ist dort dringend mehr Personal erforderlich, um mit den Schulverweigerern erzieherisch arbeiten zu können.
Sowohl die Teilnehmer als auch die Zuhörer des Symposiums waren sich weitgehend darüber einig, dass es sich bei dem Problem der Schulverweigerung um ein gesamtgesellschaftliches handelt, das sicher nicht von der DVJJ gelöst werden kann, einige Denkanstöße und Empfehlungen, soweit ihr Bereich betroffen ist, wollten sie aber dennoch geben.
München, den 19.12.2008
Ludwig Kretzschmar
Peter Deutsch
Christian Gassner
für den gesamten Vorstand der DVJJ-Regionalgruppe Südbayern