Am 17.11.2011 fand die Abendveranstaltung der DVJJ Südbayern zum Thema „Neuköllner Modell in Bayern – ist schneller besser?“ statt. Wie in der Einladung zur Veranstaltung angekündigt, referierten und diskutierten Frau Dr. Maria Kurz-Adam, Leiterin des Stadtjugendamts München, Stephan Dodenhoff, Jugendbeamter bei der Polizeiinspektion Fürstenfeldbruck, Dr. Robert Englmann, Staatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft München II, Helmut Frenzel, ehemaliger Jugendrichter und Vollstreckungsleiter Berlin, und Kurt Hübel, Leiter des Jugendgerichts München.
Über die wesentlichen Punkte des Abends möchten wir im Folgenden informieren:
Sowohl die Referenten als auch die Zuhörer waren sich weitgehend einig darüber, dass Schnelligkeit im Jugendgerichtsverfahren wichtig, aber nicht unbedingt von entscheidender Bedeutung ist. Das Modell kostet viel Personal und Zeit. Es verbraucht also viele Ressourcen, und dies für sehr wenige Fälle.
Der Berliner Kollege berichtete, dass in den vergangenen drei Jahren von allen Fällen, die zum Jugendrichter gehörten, etwa 2 bis 3 % nach dem sog. Neuköllner Modell behandelt worden seien. Der Schulungsbedarf der Polizeibeamten in Berlin sei enorm, weil diese die geeigneten Fälle erkennen müssten.
Im Bereich der Staatsanwaltschaft München II sind in den vergangenen Monaten gerade sieben Fälle nach dem sog. Neuköllner Modell abgewickelt worden.
Nach einhelliger Ansicht der Beteiligten ist es wichtiger, sich mehr um die sog. Schwellen- und Intensivtäter zu kümmern als um die kleine und mittlere Kriminalität, die bereits jetzt mit dem bisherigen Instrumentarium vielleicht nicht in vier Wochen, aber doch in aller Regel zügig abgeurteilt wird.
Besonders problematisch erscheint der Umstand, dass in der Kürze der Zeit die Jugendgerichtshilfe nicht ausreichend beteiligt werden kann. Dies führt zu einem deutlichen Verlust der pädagogischen Qualität im Jugendgerichtsverfahren.
Aus diesen Gründen steht die DVJJ Südbayern dem Modell sehr kritisch gegenüber und sieht im Fall der Umsetzung die erhebliche Gefahr, dass zwar wenige Fälle schneller bearbeitet werden, dafür aber soviel Personal benötigt wird, dass wichtige Fälle nicht mit der nötigen Intensität behandelt werden können.
Ludwig Kretzschmar
für den Vorstand der Regionalgruppe